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Mittwoch 9 Uhr - 20 Knoten Wind aus Südsüdost - rauhe See mit fünf Meter Welle. Für Donnerstag und Freitag ist Wind von Nordost bis Nord bis zu 35 Knoten vorausgesagt.
Wir steuern das Minerva-Riff an. Noch 250 Meilen liegt der Riffpass entfernt. Können wir das bis morgen Nachmittag schaffen? Es besteht eine Chance doch glauben wir kaum daran. Bei Dunkelheit möchten wir trotz genauer Wegepunkte und Seekarten nicht in die Lagune einlaufen. Mit einem Korallenriff ist nicht zu spaßen. Wir müssten beidrehen (in den Wind steuern bis die Genua umschlägt) und den nächsten Morgen abwarten.
Drei Reffs im Groß, die Genua voll gesetzt, so rauschen wir mit acht bis zehn Knoten durch das aufgewühlte Meer. Was am Boot nicht fest verstaut ist, rutscht und fliegt herum. So ein Durcheinander hatten wir lange nicht mehr. Sogar eines unserer Lieblingsgläser geht klirrend zu Bruch. Der Salontisch macht Bocksprünge, sobald sich eine Welle zwischen den Rümpfen bricht und mit lautem Knall gegen den Boden donnert. Nur mit voller Segelbekleidung, Schwimmweste und Lifebelt wagen wir uns ins Cockpit. Immer wieder schlägt seitlich eine Welle an und schwappt über. Trotzdem freuen wir uns, dass wir so gut vorankommen. Für die Nacht reffen wir die Genua ein wenig, was den wilden Ritt nicht wesentlich bremst.

Um acht Uhr möchte ich mich niederlegen. Ich gehe hinunter in den Backbordrumpf und bekomme nasse Socken. Ein Blick ins Bad lässt mir den Atem stocken. Ich hechte nach oben. "Lois! Bei der Badeluke ist ein Griff gebrochen!" Die Bilge im Bad ist schon voll. Mit regelmäßigem Schwall schießt das Wasser herein. Mit der rechten Hand versuche ich den Lukengriff zu fixieren, mit der linken drücke ich den Knopf der Bilgepumpe. Lois entpuppt sich wieder einmal als unübertrefflicher Improvisateur. In Sekundenschnelle befestigt er mit einer Gripzange den gebrochenen Griff am Fensterkreuz, das wir zum Glück als Diebstahlschutz seit der Karibik montiert haben. Der Wassereinbruch ist gestoppt. Wollen wir hoffen, dass die Zange hält. Kopfüber hänge ich eine Stunde in der Bilge, tunke das Wasser heraus und stelle fest, dass sich der Schaden an unseren Vorräten in Grenzen hält. Ziemlich geschafft falle ich etwas später als geplant ins Bett.

Wir halten den Kurs, machen volle Fahrt die ganze Nacht und sind am Donnerstag 9 Uhr noch 50 Meilen vom Minerva-Riff entfernt. Wir schaffen es tatsächlich! Noch 16 Meilen sind es zum ersten Wegpunkt im Süden des S-Minerva-Riffs. Der Wind dreht auf Ost und legt etwas zu. Wir "reiten" zielstrebig weiter. Zur besseren Orientierung schalten wir den Laptop ein und können unsere Fahrt auf der elektronischen Seekarte verfolgen. Kurz nach Mittag sind die ersten Brecher am N-Minerva-Riff zu erkennen. Entlang der Westseite segeln wir bis zur Einfahrt, bergen die Segel und motoren bei leichter Gegenströmung durch den Riffpass. Nach zwei Meilen durch die Lagune fällt der Anker in relativ ruhigem, glasklarem Wasser.
Mitten im Nirgendwo zwischen Neuseeland und Fidschi bietet ein kreisrundes Korallenriff Schutz vor meterhohen Wellen. Wir sind alle drei tief beeindruckt und unheimlich erleichtert. Nach dem Großreinemachen heute Vormittag bringt ein kräftiges österreichisches Mittagmahl mit Stelze und Erdäpfelschmarrn unsere Lebensgeister wieder zurück.

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