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Das Kreuz des Südens hat uns zweieinhalb Jahre begleitet. In den vergangenen Wochen ist es bereits in der Abenddämmerung am Horizont verschwunden. Dafür steht die Sonne zu dieser Jahreszeit direkt über uns und beschert uns schweißtreibende Temperaturen. Besonders um die Mittagszeit halten wir uns nur unter dem Biminidach auf und sind froh über jeden Lufthauch.
Am 29. September um 9 Uhr überqueren wir den Äquator. Neptun war uns gewogen auf unvergesslichen Meilen durch die Südsee und möge es auch auf der Nordhalbkugel bleiben. Käpt'n Alois spendiert ihm zum Dank zwei Stamperl "Bounty Rum", für jeden Rumpf eines.


Nach dieser feierlichen Zeremonie steuern wir die erste Markierungsboje zur Einfahrt nach Pontianak an. Das Meer ist braun wie Sch.k....e, kaum einen Meter tief und die Betonnung viel breiter als die Fahrtrinne. Zeitweise haben wir weniger als die gute Handbreit Wasser unter den Kielen. Endlich erreichen wir die Flussmündung des "Kapuas Kecil" und die Magennerven entspannen sich wieder. Auf der langen Flussfahrt zur Stadt überqueren wir nochmals den Äquator, dem zwischen Lagerhallen und Moscheen ein weithin sichtbares Denkmal errichtet wurde.
Wir schlängeln uns durch Fischerboote und Frachtschiffe vorbei am lärmenden Hafengelände. Einfache, zum Teil in fröhlichen Farben gestrichene Holzhäuser und dicht gedrängte Wohnviertel säumen das Flussufer. Die Luft ist stickig und riecht nach Rauch. Alle Augen sind auf uns gerichtet. Segler verirren sich wohl selten hierher. Wir kehren um und ankern im Hafen, das scheint uns sicherer zu sein. Eine dunkelbraune Brühe umgibt uns, verziert mit Müll und abgerissenen Büschen. Wir beobachten spielende Kinder im Wasser und Frauen und Männer, die sich darin waschen. Eine sonderbare Idylle! Wir würden nicht einmal die Zehen in diese Kloake tauchen.

Am nächsten Morgen sperren wir Felix gut ab mit Schlössern an allen Luken, um niemanden in Versuchung zu führen. Mit dem Dingi machen wir uns auf in die Stadt. Nach Pontianak, der Hauptstadt von West-Kalimantan, sind wir hauptsächlich zum Ausklarieren gekommen. Wir wollen Indonesien wieder verlassen und mit dem SW-Monsun an die Ostküste von W-Malaysien segeln. Diese Windrichtung soll bis Ende Oktober anhalten, bevor der NO-Monsun einsetzt. Die Idee, an der Küste Borneos noch weiter nach Norden zu ziehen, geben wir wegen der Gefahr von Taifunen auf. Unsere Routenplanung richtet sich immer nach der Wettersituation. Lieber lassen wir verlockende Ziele links liegen, als in einen Sturm zu geraten oder tagelang hart am Wind zu segeln.
Wir binden unser Dingi neben einem Boot der "Polisi" an und machen uns auf einen anstrengenden Behördenweg gefasst. Ich bin gut vorbereitet. "Di mana pabean?" Wo ist der Zoll, die Einwanderungsbehörde und der Hafenmeister, steht auf meinem Schummelzettel. Die Uniformierten am Zoll schütteln uns freundlich die Hand, wissen aber nichts mit uns anzufangen. Sie schicken uns zur Imigrasi. Der Beamte ist gerade nicht da, so können wir inzwischen eine Übung des Militärs für den morgigen Staatsbesuch aus Jakarta mitverfolgen. Polizisten und Passanten begrüßen uns und einige wollen ihr dürftiges Englisch anbringen. "Where are you from, Mister?" Europa ist ihnen noch ein Begriff, aber mit Austria können sie nicht viel anfangen. "Ah, Australia!" Nein, Austria, wiederholen wir geduldig immer wieder.
Der Beamte kommt mit dem Moped zurück. Er nimmt den Helm ab, hängt gewissenhaft seine Jacke an die Wand und bietet uns ihm gegenüber an seinem leeren Schreibtisch Platz an. Was wollt ihr? Aha, check out. Nach Malaysien. Mit dem Segelboot (Kapal layar - steht auf meinem Zettel). Ihr kommt von Bali. Wollt nach Kuching. Nein, nach Tioman. Kennt er offensichtlich nicht, aber egal. Er muss kurz telefonieren, dann lächelt er zufrieden. Wir geben ihm vier Crewlisten. Er zaubert aus einer Lade viele Stempel in allen Größen und Formen und füllt nach unseren Angaben die Papiere aus. Schließlich versieht der gute Mann noch unsere Pässe mit dem Ausreisestempel und fragt höflich, ob das so in Ordnung ist. Kein Wort von irgendeiner "Gebühr", wir können es kaum glauben. "Terima kasih!" Wir sind erleichtert und dankbar für die unbürokratische Abwicklung.

Bevor wir am 1. Oktober den Anker lichten, wäscht ein kräftiger Regenschauer den Ruß vom Boot. Lange würden wir es in diesem Lärm und Gestank nicht aushalten, aber der Abschied ist trotzdem rührend. Winkend und schreiend stehen Schulkinder am Ufer. Die Besatzungen der umliegenden Frachter und sogar die Beamten eines Zollbootes lachen und winken und wünschen uns eine gute Reise. Die Passagiere eines übervollen Fährschiffes stimmen ein Jubelkonzert an, als wären wir Popstars. Diese spontane Lebensfreude der Indonesier ist ansteckend und hilft, so manche Unannehmlichkeit aus unserer Erinnerung zu löschen.


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